Novemberrevolution

Novemberrevolution
No|vem|ber|re|vo|lu|ti|on 〈[-vɛ̣m-] f. 20; unz.〉 die dt. Revolution im November 1918

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No|vẹm|ber|re|vo|lu|ti|on, die <o. Pl.>:
Revolution im Deutschen Reich u. in Österreich im November 1918.

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Novẹmber|revolution,
 
politische Revolution im Deutschen Reich und in Österreich ab Anfang November 1918, führte zum Sturz der Monarchien und - im Endergebnis - zur Errichtung parlamentarischer Republiken; eine Umwälzung der gesellschaftlichen Verhältnisse unterblieb.
 
Unmittelbarer Anlass war die sich abzeichnende militärische Niederlage des Deutschen Reiches und Österreich-Ungarns; Ursachen der Novemberrevolution waren die jahrzehntelange Verweigerung innerer Reformen sowie die wirtschaftliche Notlage besonders auf dem Gebiet der Ernährung.
 
In Deutschland wurde die Novemberrevolution durch eine Meuterei der deutschen Hochseeflotte in Wilhelmshaven (29. 10. 1918 und Kiel (3. und 4. 11. 1918) sowie die schnelle Ausbreitung von Unruhen in vielen deutschen Großstädten ausgelöst. Am 7. 11. 1918 rief K. Eisner in München die »demokratische und soziale Republik Bayern« aus. In Berlin brach am 9. 11. spontan ein für den 11. 11. geplanter Generalstreik vorzeitig aus, in dessen Verlauf sich die Arbeiter mit den Soldaten verbanden. Um der Umsturzbewegung entgegenzuwirken, legte Reichskanzler Prinz Max von Baden Kaiser Wilhelm II. und dem Kronprinzen die Abdankung nahe. Da die Abdankungserklärung ausblieb, gab Max von Baden den Thronverzicht am 9. 11. ohne weitere Rücksprache mit dem Kaiser bekannt. Um 14 Uhr rief der Sozialdemokrat P. Scheidemann am Reichstag die »deutsche Republik« aus. Zwei Stunden später proklamierte K. Liebknecht am Berliner Schloss eine »freie sozialistische Republik«. Der Kaiser und alle deutsche Fürsten dankten ab; die deutschen Länder erklärten sich zu Frei- beziehungsweise Volksstaaten.
 
Überall im Deutschen Reich bildeten sich Arbeiter-und-Soldaten-Räte als Organe der revolutionären Gewalt. Der Arbeiter-und-Soldaten-Rat von Berlin erklärte sich zum Reichszentralorgan und wählte einen Vollzugsrat. Dieser trat jedoch die von ihm beanspruchte Regierungsgewalt am 10. 11. an den Rat der Volksbeauftragten ab, an dessen Spitze F. Ebert trat. Den Streit zwischen SPD und USPD, ob der revolutionäre Weg zur Errichtung einer Räterepublik (Rätesystem) oder zu einer auf allgemeinen Wahlen beruhenden deutschen Nationalversammlung führen sollte, entschied der Reichskongress der Arbeiter-und-Soldaten-Räte (16.-20. 12.) zugunsten der von der SPD bevorzugten parlamentarischen Lösung. Die USPD verließ nach dieser Entscheidung den Rat der Volksbeauftragten, in dem sie bis dahin mit drei Mitgliedern vertreten war. Im Rahmen des Ebert-Groener-Paktes (10. 11.) schlugen Einheiten des deutschen Heeres Aufstände linksrevolutionärer Kräfte nieder (»Spartakusaufstand«; Dezember 1918 bis Januar 1919); Armeeangehörige ermordeten am 15. 1. 1919 K. Liebknecht und Rosa Luxemburg.
 
Mit den Wahlen zur Nationalversammlung am 19. 1. 1919 entstand die Weimarer Republik. Mit der Wahl Eberts zum Reichspräsidenten (11. 2. 1919 und der Bildung einer parlamentarischen Regierung (13. 2. 1919 schloss der revolutionäre Prozess in Deutschland ab. (deutsche Geschichte; Dolchstoßlegende) - Über den Charakter der Novemberrevolution als spontaner Volksbewegung (»deutsche Revolution«), ihre Ergebnisse und angeblichen Versäumnisse (prononciert S. Haffner, 1993) und ihre historische Bedeutung (Geburtsstunde der Demokratie in Deutschland) bestehen in der Geschichtswissenschaft unterschiedliche Ansichten.
 
In Österreich kam es seit November 1918 v. a. in Wien zu Unruhen. Auf der Grundlage des Völkermanifests von Kaiser Karl I. vom 16. 10. 1918 bildete sich am 21. 10. 1918 aus Mitgliedern aller deutschsprachigen Parteien des Reichsrates eine provisorische Nationalversammlung des »selbstständigen deutsch-österreichischen Staates«. Kaiser Karl erklärte am 11. 11. 1918 seine Bereitschaft, auf eine »Teilhabe an den Staatsgeschäften« zu verzichten. Am 12. 11. 1918 erklärte die provisorische Nationalversammlung Deutschösterreich zum Bestandteil der »Deutschen Republik«. (Österreich, Geschichte)
 
 
Richard Müller: Gesch. der dt. Revolution, 3 Bde. (1924-25, Nachdr. 1979);
 P. von Oertzen: Betriebsräte in der N. Eine politikwiss. Unters. (21976);
 Georg P. Meyer: Bibliogr. zur dt. Revolution 1918/19 (1977);
 H. A. Winkler: Die Sozialdemokratie u. die Revolution von 1918/19 (21980);
 H.-J. Bieber: Gewerkschaften in Krieg u. Revolution. Arbeiterbewegung, Industrie, Staat u. Militär in Dtl. 1914-1920, 2 Bde. (1981);
 Ernst-Heinrich Schmidt: Heimatheer u. Revolution 1918 (1981);
 
Die dt. Revolution 1918/19. Dokumente, hg. v. G. A. Ritter u. S. Miller (21983);
 D. Lehnert: Sozialdemokratie u. N. Die Neuordnungsdebatte 1918/19 in der polit. Publizistik von SPD u. USPD (1983);
 V. Arnold: Rätebewegung u. Rätetheorien in der N. (21985);
 Gerhard Schulz: Revolutionen u. Friedensschlüsse: 1917-1920 (61985);
 M. H. Fritton: Lit. u. Politik in der N. 1918, 1919 (1986);
 S. Haffner: Die dt. Revolution 1918/19 (Neuausg. 1991);
 S. Haffner: Der Verrat (31995);
 R. Rürup: Die Revolution von 1918-19 in der dt. Gesch. (1993);
 
Groß-Berliner Arbeiter- u. Soldatenräte in der Revolution 1918/19, hg. v. G. Engel u. a. (Neuausg. 1997).

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No|vẹm|ber|re|vo|lu|ti|on, die <o. Pl.>: Revolution im Deutschen Reich u. in Österreich im November 1918.

Universal-Lexikon. 2012.

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